Es lief gar nicht nach Plan!

Nach Xi’An wollten wir uns in den Wilden Westen Chinas aufmachen und freuten uns sehr darauf, in den weniger besiedelten Teil des Landes vorzudringen. Wir träumten vom Zelten in der Wüste und von malerischen Kamelkarawanen. Doch leider kam alles ganz anders…

Xi’an – Lanzhou | 07.04.2025 – 02.05.2025 | 492,50 km | 3660 hm

Bevor es nach unserer Pause in Xi’An weiterging, musste ich mich wieder mal um Vivis Fahrrad kümmern. Wir stellten nämlich fest, dass es am Hinterrad (schon wieder) schleichend Luft verlor. Ich baute in der Hotellobby das Hinterrad aus und wechselte den Schlauch, der nur wenige Wochen überlebt hatte. Die Ursache haben wir nicht herausgefunden, vermutlich war es das Ventil.

Am nächsten Morgen machte ich mich nach dem Frühstück auf den Weg zum PSB, um meinen Pass abzuholen. Mein Visum wurde um einen Monat verlängert und somit stand unserer Weiterfahrt nichts mehr im Weg. Wir mussten jedoch noch auf ein Paket warten, welches noch unterwegs war, denn wir hatten uns online endlich einen Ersatz für unsere Gaskartusche bestellt, welche uns auf dem Weg nach Hainan abgenommen wurde. Kurz vor Mittag waren wir abfahrbereit und machten uns bei bestem Wetter auf dem Weg.

Nach gut 40km machten wir in Xianyang, der alten Hauptstadt und heute ein Vorort von Xi’An, Feierabend. Nach dem Nachtessen hatte Vivi, welche sich am Nachmittag schon ein bisschen komisch gefühlt hatte, plötzlich Grippesymptome. Nach einer unruhigen und für sie sehr unangenehmen Nacht mussten wir am Morgen entscheiden, einen Pausentag einzulegen. Auch ein Tag später fühlte sie sich immer noch sehr schlecht, weshalb wir noch einen weiteren Tag Pause anhängen mussten.


Nach zwei Tagen Zwangspause wollten wir, auch wenn Vivi immer noch nicht wirklich fit war, wieder auf das Rad steigen. Uns fiel schon die Decke des kleinen Zimmers auf den Kopf, weshalb wir uns entschieden, eine kleine Etappe von etwa 45km bis in die nächste Stadt zu fahren. Das Wetter war super und wir erreichten an diesem Tag 8000km seit Reisebeginn.

Leider wurden wir, als wir gerade Bananen am Strassenrand kauften, Zeugen eines wüsten Unfalls. Ein Mann mit einem Tuk Tuk ist über eine rote Ampel gefahren und wurde voll von einem kleinen Lieferwagen erwischt. Seine Frau, die hinten im Tuk Tuk sass, wurde darunter eingeklemmt. Zum Glück eilten viele Leute sofort zu Hilfe, so dass wir von dannen ziehen konnten. Nur etwa ein Kilometer später sahen wir einen weiteren Unfall. Dort ist ein Taxi in einen Roller reingefahren. Der Fahrer hatte natürlich keinen Helm an, aber er schien zum Glück nicht schwer verletzt… Wir hingegen erreichten unser Hotel schadlos und früh am Nachmittag, so dass sich Vivi weiter von ihrer Grippe erholen konnte.

Leider wachte sie am nächsten Tag wieder mit schwereren Symptomen auf und uns wurde klar, dass die Genesung wohl länger dauern würde und ein Arztbesuch anstand. Am Mittag machten wir uns dann auf ins örtliche Spital. Nach dem Check-In wurden wir in den zweiten Stock geschickt, um dort den Arzt zu besuchen. Wir mussten aber zuerst kurz warten, bis dieser in seinem Behandlungszimmer seine Zigarette fertig geraucht hatte. Ja, in China wird im Spital noch geraucht, sowohl von den Patienten, als auch von den Ärzten. Ansonsten war die Untersuchung schnell und das Personal sehr bemüht. Eine Krankenschwester hat uns die ganze Zeit begleitet, um uns an den richtigen Ort zu bringen und uns die Dinge zu erklären. Alles in Allem eine positive Erfahrung, weil alles so unkompliziert war.

Schlussendlich wurde eine dreitägige Bettruhe verordnet und diverse Medikamente verschrieben. So mussten wir unsere Pause unfreiwillig verlängern. So feierten wir Vivis Geburtstag bescheiden in unserem Hotelzimmer… Immerhin konnten wir am Abend im (sehr guten) Hotelrestaurant ein wenig feiern.


Als es Vivi endlich ein bisschen besser ging, fuhren wir eine schöne Tour nach Binzhou. Dabei überwanden wir wieder einige Höhenmeter und hatten zwei tolle Abfahrten, bis wir die Stadt erreichten. Leider passierte aber das, wovor wir die ganze Zeit Angst hatten: Am nächsten Morgen hatte mich die Grippe auch erwischt, und wir wurden wieder zu einer Pause gezwungen. Auch nach ein paar Tagen Pause wurde es nicht besser. Auch Vivi hatte mittlerweile wieder stärkeren Husten und so begaben wir uns wieder in ein Spital für einen Arztbesuch.

Uns beiden wurde Blut abgenommen, weiter wurde Vivis Lunge geröntgt. Der Arzt war nicht so um meine Gesundheit besorgt, aber verordnete Vivi wiederum drei Tage Bettruhe und neue Medikamente. Chinesische Provinzspitäler überzeugten nicht unbedingt mit moderner Technik (oder strahlender Sauberkeit), jedoch waren sie sehr effizient, günstig, und das Personal war sehr freundlich und bemüht.

Die Zwangspause brachte unseren ganzen Plan durcheinander, denn dieser sah vor, vor Ablauf meines Visums Jiayuguan im Westen der Provinz Gansu zu erreichen. Fast zweieinhalb Wochen dauerte es insgesamt, bis wir beide wieder fit genug waren, in den Sattel zu steigen. Sehr ärgerlich, da wir sehr viel wertvolle Zeit verloren hatten und mein verlängertes Visum schon fast wieder abgelaufen war. So mussten wir schon daran denken, wie wir einen sogenannten „Visa Run“ organisieren können. Ein Visa Run bezeichnet eine Ausreise, um kurz darauf wieder mit einer neuen Einreiseerlaubnis in das gleiche Land einzureisen.

Von Binzhou aus fuhren wir eine hübsche Etappe nach Changwu mit schönen Aussichten über die Landschaft, die sich langsam veränderte. Es ging konstant leicht aufwärts und wir waren immer noch nicht ganz fit, so war es anstrengend für uns. Am nächsten Tag überquerten wir die Grenze in die Provinz Gansu. Mit einer Fläche von 454’000 km² ist es eine der grösseren Provinzen Chinas, hat aber nur etwa 26 Millionen Einwohner. Es ist eine eher arme Provinz, hat aber reiche Kohle- und Ölvorkommen.

Unser erster Halt in Gansu war die Stadt Jingchuan. Der Weg von Changwu führte zuerst der stark befahrenen Strasse G312 entlang, bevor wir über eine kleine Nebenstrasse durch eine sehr interessante Landschaft fuhren: Links und rechts der Strasse ging es steil hinunter, es sah ein bisschen aus wie ein Canyon. Überall gab es Terrassen, die landwirtschaftlich genutzt wurden. Zum Schluss des Tages fuhren wir in das Tal hinunter. Den ganzen Tag wurden wir von Nieselregen begleitet, laut Locals der erste Regen seit Monaten.

Am nächsten Tag war das Wetter wieder sonnig und warm. Die Landschaft gefiel uns sehr gut und sie unterschied sich stark von den Landschaften, die wir bisher durchquert hatten. Es gab nun zum Beispiel Nadelbäume und es war extrem trocken. Wir fuhren dem Tal entlang und gewannen konstant wieder an Höhe. In den Hügeln sahen wir überall Höhlen: Diese wurden früher bewohnt, wie uns die Einheimischen erklärten. Auch heute werden sie noch genutzt, häufig als Lager oder Unterschlupf für Ziegen.

Am Mittag fanden wir kein Restaurant und wir kochten uns in einem kleinen Park unser Pesto, welches wir seit Taiwan mit uns führten. Wir mussten all unsere Kräfte einsetzen, um die Stadt Pingliang zu erreichen. Am Abend gönnten wir uns Hot-Pot und bemerkten, dass es in Gansu abends immer noch sehr kalt wurde. Wir befanden uns mittlerweile immerhin 1300m über dem Meeresspiegel.

Am nächsten Morgen entschieden wir uns für etwas, das wir eigentlich nicht machen wollten, aber leider hatten wir keine andere Wahl, denn wir waren – von unserer Grippe-Pause geschwächt – zu langsam unterwegs, um rechtzeitig in Lanzhou zu sein. Dort mussten wir nämlich, kurz vor Ablauf meines Visums, einen Flug raus aus China erreichen…

Wir suchten uns somit per App (in China gibt es für alles eine App…) eine Mitfahrgelegenheit, um etwas Strecke aufzuholen. Diese fanden wir auch und wir konnten unsere Räder bei einem symphatischen Paar in den Campervan laden und ca. 190km in die Stadt Huining fahren. Dies hat super geklappt und wir konnten so unseren Rückstand aufholen. Aber dennoch, es kratzte ehrlich gesagt schon etwas an unserem Ego, denn wir wollten nach unserer Zwangspause wenigstens noch Lanzhou ohne zu „schummeln“ erreichen. Wir sagten uns, dass es ja nicht unsere Schuld war, aber trotzdem waren wir nicht glücklich über die Situation!

Aber, the show must go on: Am nächsten Tag fuhren wir eine sehr spannende Etappe. Zuerst folgten wir wieder der Strasse G312 auf dem Talboden, bevor wir abzweigten und einen grösseren Anstieg in Angriff nahmen. Langsam fuhren wir den Berg hoch und erreichten das erste Mal auf der Reise 2000m ü.M.
Oben angekommen, fuhren wir dem Bergrücken entlang. Links und Rechts hatten wir eine tolle Aussicht auf die Terrassen, die in die umliegenden Berge eingearbeitet wurden. Sehr eindrücklich! Es wehte aber ein eisiger Wind, trotz Sonnenschein mussten wir einige Schichten anziehen. Die Landschaft war mittlerweile recht karg und wir wunderten uns, was auf diesen Böden wohl wachsen kann. Am Schluss des Tages erwartete uns noch eine tolle Abfahrt durch die Terrassen in die Stadt Dingxi.

Von Dingxi aus ging es wieder dem Tal entlang auf der G312 in Richtung Lanzhou. Es wehte ein starker Wind und wir erhielten sogar eine Gewitterwarnung auf dem Handy. Es war extrem trocken und es war ein feiner Staub in der Luft, so dass wir zum Fahren eine Maske trugen. Es ging mehrheitlich bergab, aber wegen dem Gegenwind mussten wir trotzdem in die Pedale treten. In der Hälfte gab es einen kurzen Anstieg um 200 Höhenmeter, aber danach gab es wieder eine schöne Abfahrt. Am Abend fuhren wir auf ein Gewitter zu, aber glücklicherweise erreichten wir unser Hotel gerade noch vorher. Als wir nach der Dusche etwas zu Essen suchten, war der Himmel schon wieder blau… Das Wetter in China überraschte uns immer wieder!

Nach dem Frühstück am nächsten Morgen machten wir uns bei wolkenlosem Himmel auf nach Lanzhou. Wir kamen schnell voran und nur zwei kleine Hügel mussten überwunden werden, ehe wir die Stadt am Horizont sahen. Bedeutend für uns war, dass wir in Lanzhou den Gelben Fluss erreichten, den zweitlängsten Fluss Chinas. Seine gelbe Farbe erhält er durch das Mitführen von Löss, der durch ihn und seine Nebenflüsse abgetragen wird.

Wir fuhren noch einige Kilometer dem Fluss entlang durch die Stadt, fuhren dabei zufälligerweise an der wunderschönen grossen Moschee vorbei, und erreichten am frühen Nachmittag unser Hotel. Wir waren ganz schön ausgetrocknet, es war sehr heiss draussen, obwohl wir immer noch auf ca. 1500m ü.M. waren. Die Luftfeuchtigkeit betrug lediglich 15% und dies war extrem unangenehm, vor allem mit dem Staub in der Luft!

Lanzhou ist die Hauptstadt der Provinz Gansu und liegt eingekesselt zwischen Bergen am Gelben Fluss. Es war ein bedeutender Halt auf der Seidenstrasse und ist auch heute ein wichtiges Zentrum im Nordwesten von China.


Am Abend trafen wir einen Radler-Kollegen, den wir auf Hainan kennengelernt hatten. Er lud uns zu einem sehr leckeren Nachtessen mit lokalen Köstlichkeiten ein. Er half uns auch, einen Platz für unsere Fahrräder und Taschen zu finden, denn in Lanzhou mussten wir unsere Reise kurz unterbrechen, da mein Visum ablief und wir somit China verlassen mussten.

Am Tag vor der Abreise konnten wir unsere Fahrräder und unser Gepäck in einem Fahrradladen parkieren. Der Besitzer hatte sich bereit erklärt, unsere Ausrüstung für uns zu hüten… Kostenlos, inklusive Einladung zum Mittagessen bei der Abgabe!
Via Peking geht es für uns nun für zwei Wochen nach Taiwan – Visa Run und ein Mini-Urlaub 🙂

Eine Pagode in Detailansicht

2 Gedanken zu „Es lief gar nicht nach Plan!“

  1. Coucou
    Premier commentaire de ma part.
    J’adore vous lire et je comprends même bien sans traduction 😉
    C’est génial ce que vous faites et j’espère que votre santé et de nouveau la top forme. !!!
    Ici c’est très intense mais l’équipe de direction avec Corinne est très sympa, aidante et solidaire 💪
    À bientôt pour la suite de vos aventures.
    Bises
    Laurence

  2. Hallo ihr lieben,
    hoffentlich bleibt ihr gesund und könnt euren Urlaub genießen.
    Wir wünschen euch weiterhin alles Liebe und Gute.
    LG aus Bad Cannstatt
    Susanne und Erich

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