Von Ayutthaya aus fuhren wir durch die Isan-Region Richtung Laos. Wir trafen dort auf vom Reisanbau geprägte Landschaften, alte Ruinen und vor allem eines: Gegenwind! Dieser machte diese Etappe nicht nur zu einer körperlichen, sondern auch mentalen Challenge.
Ayutthaya – Thakhek | 28.10.24 – 11.11.2024 | 731,10 km | 2540 hm
In Ayutthaya wollten wir uns zwei Tage lang erholen. Nachdem wir nach unserer Ankunft wieder das Standardprogramm (duschen, waschen, essen, schlafen) erledigt hatten, wollten wir auch die Ruinen des vergangenen Reiches anschauen gehen. Dazu schwangen wir uns auch an unseren „freien Tagen“ auf’s Fahrrad. Die Ruinen sind sehr eindrücklich und lassen nur erahnen, wie sie vor mehreren Jahrhunderten ausgesehen haben müssen. Wie immer an Pausentagen gönnten wir uns leckeres Essen, um uns für die Weiterfahrt zu stärken: So assen wir gleich zwei Tage in Folge Shabu-Shabu und gönnten uns bestes Steak, Spaghetti mit Trüffeln und vieles mehr…
Ausserdem machte ich einen kleinen Service an den Fahrrädern: Wir brachten sie dazu in eine Autowaschanlage, um sie gründlich zu reinigen. Danach kontrollierte ich jede Schraube und zog sie fest: Durch das Rütteln auf unebenem Boden können sie sich mit der Zeit lösen. Ausserdem wurden auch alle Räder wieder auf den gewünschten Druck gepumpt.
Als nächste Etappe planten wir, bis in die Stadt Nakhon Phanom am Mekong zu fahren und von dort aus nach Laos weiterzuradeln. Da wir dabei die Khorat-Hochebene in der Region Isan durchqueren mussten, erwarteten wir dort auch einige Höhenmeter.
Am ersten Tag war die Tour noch angenehm flach und der erste Teil der Strecke war auch noch recht attraktiv. Nach dem Mittagessen in der Stadt Saraburi mussten wir jedoch auf den Highway. Der Verkehr war sehr dicht und wir mussten, um unser Hotel zu erreichen, auf die andere Strassenseite wechseln. Man stelle sich vor, man würde in der Schweiz mit dem Fahrrad quer über eine dreispurige Autobahn fahren: Unvorstellbar! Alles gut gegangen, aber nicht unbedingt zu empfehlen.
Der nächste Tag hatte es in sich: Es war das erste Mal, dass eine Route auf der Navigationsapp als „schwer“ eingestuft wurde. Wir mussten an diesem Tag über 500 Höhenmeter überwinden. Natürlich ist das nichts verglichen mit einer Tour in den Alpen oder in anderen bergigen Regionen, aber für uns war es die erste Tour mit einen richtigen Anstieg. Die Steigung war eigentlich recht angenehm, aber es war brütend heiss und die Strasse – der Highway – war sehr stark befahren und führte zudem noch durch ein Industriegebiet. Die Luft war dementsprechend nicht nur heiss, sondern auch stickig. Langsam arbeiteten wir uns den Berg hoch, um auf das Khorat-Plateau zu gelangen. Beim Mittagessen hatten wir noch nichtmal die Hälfte der Strecke geschafft, jedoch dafür die meisten Höhenmeter. Wir waren tropfnass und brauchten unbedingt eine Stärkung, da unser Frühstück mit einer Banane pro Person eher mager ausgefallen war. Am Nachmittag fuhren wir durch eine schöne, ländliche Gegend. Von einem Moment auf den anderen schwang das Wetter um und es begann in Strömen zu regnen. Die Strassen waren teilweise nicht befestigt und glichen Flüssen, und es war auch eine ziemliche Schlammschlacht. Gerade, als wir ein Foto machen wollten, hielt eine Frau neben uns an und versuchte uns auf Thai klar zu machen, dass wir auf dieser Strasse nicht weiter kommen würden. Wir waren nicht sicher, ob wir es richtig verstanden hatten und wir konnten im Regen die Karte auf dem Handy nicht anschauen, da der Touchscreen nicht funktioniert, wenn alles nass ist. Wir gingen also zum nächsten Haus und fragten dort, ob wir kurz unter dem Vordach halten können. Wir konnten, und bemerkten, dass wir beim Haus der Frau gelandet waren, die uns vorher vor der Strasse gewarnt hatte. Sie brachte uns sogar Handtücher zum Abtrocknen, so lieb! Wieder redete sie auf Thai auf uns ein, dass wir nicht weiter fahren sollten, da die Strasse unter Wasser sei. Ihr Mann brachte uns dann, immer noch im strömenden Regen, zu einem Zaun, welchen er kurzerhand öffnete und uns so auf eine andere Strasse Zugang verschaffte. Wenig später sahen wir, was die Frau meinte: Die andere Strasse war komplett überschwemmt, wahrscheinlich wären wir bis zur Hüfte versunken… Unsere Strasse war zwar auch überschwemmt, aber wir konnten durchfahren.
Wir kamen am Abend total durchweicht im Hotel an, wuschen unsere Kleidung und gönnten uns Pizza Hut zum Nachtessen.
Am nächsten Morgen schauten wir auf den Wetterbericht: 100% Regenwahrscheinlichkeit den ganzen Tag lang… Nein danke, zumal eine sehr lange Tour bis nach Nakhon Ratchasima – kurz Khorat – anstand. So entschieden wir, den Regen auszusitzen. Eigentlich ist im Regen fahren an sich nicht so ein Problem, aber im Regen auf dem Highway fahren schon, da der Seitenstreifen meist überflutet ist und auch die Sicht durch die Gischt sehr eingeschränkt ist. Die nächste Tour nach Khorat wäre den ganzen Tag auf dem Highway gewesen, und auf Regen & Highway hatten wir keine Lust. Somit Pausentag, auch nicht übel 🙂
Nakhon Ratchasima ist die grösste Stadt der Region Isan und war unser nächstes Tagesziel. Wir bewegten uns ausschliesslich auf dem Highway, was nicht besonders stimulierend für die Sinne war, abgesehen vom Staub, den Abgasen und dem Lärm. Zwischendurch sahen wir aber eindrückliche Tempelanlagen. An diesem Tag knackten wir gleich zwei neue Rekorde: Mit 85.8km war es nicht nur die bisher längste Strecke an einem Tag, sondern auch die längste Zeit im Sattel mit 5 Stunden und 37 Minuten. Wir besuchten am Abend eine Mall, wo wir neben McDonald’s auch noch einen Decathlon fanden, wo ich mir eine Fahrradkappe und eine kleine Reservepumpe kaufte.
Unterwegs nach Khorat – Spannende religiöse Bauten
Von Khorat aus fuhren wir weiter Richtung Osten. Die Region Isan ist landwirtschaftlich geprägt und ist touristisch kaum entwickelt. Nur wenige Backpacker finden ihren Weg dorthin, auch wenn es durchaus interessante Sehenswürdigkeiten gibt, zum Beispiel in der Stadt Phimai. Wir fuhren dorthin über einsame Strassen durch die Reisfelder, die zu dieser Zeit gerade abgeerntet wurden. Die Körner wurden dann in den Dörfern zum Trocknen auf diversen Flächen ausgebreitet, zum Beispiel auf den Basketballplätzen der Schulen.
In Phimai befindet sich der Geschichtspark Phimai, welcher Tempelruinen des Khmer-Reiches von Angkor beinhaltet. Die Ähnlichkeit mit Angkor Wat war nicht zu übersehen.
Die nächsten drei Tage fuhren wir durch endlos scheinende, goldene Reisfelder in Richtung der Stadt Roi Et. Es war spanned, die Menschen bei der Reisernte zu beobachten und für die Leute war es sicher auch spannend, uns beim Vorbeiradeln zu beobachten. Gut vorstellbar, dass in einigen dieser Dörfer noch nie ein Ausländer zu Gast war.
Ausserhalb dieser herzigen Dörfern war das Velofahren nicht besonders berauschend. Die Reisfelder – wenn auch hübsch anzusehen – boten wenig Abwechslung. Wir hatten seit Tagen – eigentlich seit dem erreichen der Khorat-Hochebene – starken Gegenwind und unsere Durchschnittsgeschwindigkeit sank drastisch. Die eintönige Landschaft mit schnurgeraden Strassen, kombiniert mit dem Gegenwind, schlug etwas auf das Gemüt, da man das Gefühl hatte, kaum vorwärts zu kommen. In Roi Et hatten wir einen Pausentag vorgesehen, bevor wir den letzten Teil der Etappe in Angriff nahmen. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt unsere Routenplanung etwas angepasst, und dadurch viel weniger Höhenmeter als ursprünglich geplant überwinden müssen. Vielleicht wäre aber in den Hügeln der Wind nicht so stark gewesen 😀
Nach Roi Et wurden die Touren endlich wieder etwas abwechslungsreicher. Wir pedalierten durch hügelige Landschaft, Wälder und einige Schotterpisten. Die Leute hier waren – wie überall in Thailand – überaus freundlich. Einmal fuhr uns ein Mann, der uns von seinem Geschäft aus gesehen hatte, extra hinterher, um uns zwei Flaschen Wasser zu überreichen und ein paar Worte zu schwatzen. In zwei Tagen und knapp 150km erreichten wir die Stadt Mukdahan am Mekong, welcher die Grenze zu Laos bildet. Dort feierten wir bescheiden unseren 6. Hochzeitstag: Immerhin mussten wir nicht im Zelt schlafen und wir hatten ihn ja gebührend vorgefeiert 🙂 Danke an dieser Stelle nochmals für alle hierfür gespendeten Nudelsuppen!!
Da wir noch ein paar Baht übrig hatten, entschieden wir, auf der Thailändischen Seite bis zum nächsten Grenzübergang zu fahren, um dann dort auf die Laotische Seite zu wechseln. Die Fahrt entlang des Mekongs war sehr schön und endlich ohne Gegenwind, eine Wohltat! Teilweise fanden wir sogar einen Fahrradweg, welcher aber – wahrscheinlich wegen häufigem Nichtgebrauch – zum Trocknen von Reis verwendet wurde, so dass wir lieber auf der Strasse fuhren.
Am nächsten Tag war es soweit: Nach 44 Tagen in Thailand lag die nächste Landesgrenze vor uns. Zuerst mussten wir aber von unserem Resort, welches irgendwo zwischen Mukdahan und Nakhon Phanom lag, bis zur dritten Thailändisch-Laotischen Freundschaftsbrücke radeln. Die Route folgte wie am Vortag mehrheitlich dem Mekong. Da wir aber auf der Hauptstrasse fuhren, sahen wir ihn kaum. In Nakhon Phanom assen wir ein sehr leckeres Mittagessen und gaben unsere allerletzten Baht für einen Kuchen aus. Danach fuhren wir zur Freundschaftsbrücke. Dort fanden wir aber ein enttäuschendes Schild: „Fahrradfahren auf der Brücke verboten!“
Wir versuchten darauf etwa eine halbe Stunde, einen Pick-Up anzuhalten, der uns über die Brücke mitnimmt. Leider ohne Erfolg. Wir fuhren danach zum Grenzposten und fragten, wie man mit dem Fahrrad über die Brücke kommt, wenn man nicht darüber fahren darf. Ein Bus, welcher von Nakhon Phanom nach Thakhek fährt, war die Antwort. Leider hatten wir keine Baht mehr, also mussten wir zu einem ungünstigen Kurs mit US-Dollar zahlen. Danach wurden unsere Räder in den gerade angekommenden Bus verladen und wir fuhren ca. 3 Kilometer (welche problemlos mit dem Fahrrad zu bewältigen gewesen wären, es gab sogar einen abgetrennten Streifen!?!?) bis auf die Laotische Seite. Dort mussten wir zu Fuss durch den Grenzposten.
Schweizer Staatsbürger erhalten 15 Tage visumfrei. Die Beamtin am Schalter wusste dies aber offenbar nicht, und schickte uns zurück zum Visumschalter. Der Mann dort stempelte dann gemütlich unseren Pass, und verlangte die inoffizielle „Stempelgebühr“ von 200 Baht. Wiederum mussten wir unseren Dollar-Vorrat anzapfen, um das Kaffeegeld bzw. die Stempelgebühr zu bezahlen, 5$ für beide. Auf der anderen Seite wartete schon ungeduldig der volle Bus auf uns. Wir mussten dem Fahrer erklären, dass wir gar nicht mit nach Thakhek wollten, sondern die Räder wieder ausladen wollten und den Bus nur brauchten, um über die Brücke zu kommen. Ruckzuck wurde dies erledigt, der Bus brauste davon und wir beluden unsere Räder, um die letzten 15km bis nach Thakhek zu pedalieren. Interessanter Zufall: Ein paar Kilometer nach der Laotischen Grenze knackten wir die 3000km unserer Reise!
Abschliessend können wir noch sagen, dass unsere Radreise in Thailand eine 10/10 verdient – Das Wetter, die Leute, das Essen, die Strassen, die Sehenswürdigkeiten… Einfach top!
In Thakhek bereiten wir nun unsere Fahrt durch Laos vor, von welcher wir im nächsten Beitrag berichten werden.