Auf und Ab in Laos

Laos ist ein unglaublich spannendes Land. Viele Backpacker in Südost-Asien überspringen das Land jedoch zugunsten populärerer Optionen in Thailand und Kambodscha. Unserer Meinung nach ein Fehler! Das Radfahren war durch die vielen steilen Strassen intensiv, wir wurden aber um ein Vielfaches dafür belohnt!

Thakhek – Tây Sơn | 12.11.2024 – 16.11.2024 | 220,20 km | 1600 hm

Unseren Ruhetag in Thakhek genossen wir wie immer sehr. Wir stellten keinen Wecker und gönnten uns ein reichhaltiges Frühstück im Restaurant des Guesthouses. Hammer Pancakes! Wir machten anschliessend ein paar Besorgungen im Supermarkt und schlenderten durch das verschlafene Städtchen am Mekong. Ich war vor 8 Jahren schon mal da und hatte das Gefühl, dass sich seitdem nicht viel verändert hat. Thakhek ist ein Geheimtipp auf dem „Banana-Pancake-Trail“ und zieht Backpacker (wie mich vor 8 Jahren) an, da die Stadt Startpunkt des sogenannten „Loop“ ist. Der Loop ist eine 3-4 tägige Motorradtour mit Start- und Endpunkt in Thakhek. Unsere Route nach Vietnam lag teilweise auf dieser Tour und wir konnten somit von der Infrastruktur Gebrauch machen, die sich entlang des Loops gebildet hat, um Touristen auf Motorrädern zu bedienen. Für mich war es besonders spannend hierhin zurückzukehren, da der Loop (und Laos im Allgemeinen) ein absolutes Highlight auf meiner damaligen Reise war.

Da wir nur vier Tage brauchten, um Laos zu durchqueren, ist dieser Beitrag tageweise gegliedert. Ein wichtiges Detail ist im letzten Beitrag vergessen gegangen: An der Grenze haben wir die Strassenseite gewechselt und es geht nun mit Rechtsverkehr weiter. Voraussichtlich werden wir nämlich keine Länder mehr mit Linksverkehr durchradeln!

In Thakhek

Tag 1 – Spektakuläre Karstlandschaften

Nach einem wunderbaren Frühstück im Guesthouse beluden wir die Fahrräder und machten uns auf den Weg. Nur nach kurzer Zeit waren wir raus aus der Stadt und sahen die wunderschöne Karstlandschaft rasch näher kommen. Die Strasse war angenehm flach und auch der Verkehr war recht ruhig. Zwischendurch rauschten Touristen auf den gemieteten Motorrollern an uns vorbei, viele von ihnen mit einem Daumen nach oben in unsere Richtung. Wir hielten häufig an, denn die Karstformationen luden nur so dazu ein, Fotos zu machen oder einfach nur anzuhalten und zu staunen! Etwa in der Hälfte der Strecke hielten wir in einem bei Touristen sehr beliebten Restaurant an und assen dort ein sehr gutes Mittagessen. Leider war gerade vor uns eine grosse (und laute…) Gruppe eingetroffen und das Restaurant hatte nur einen Wok, so dass wir recht lange warten mussten. Nach dem Mittagessen fuhren wir weiter und näherten uns unserem Tagesziel: Phonkheng. In dieser Siedlung spaltet sich die Strasse das erste Mal ab und man könnte schon hier in Richtung Vietnam abbiegen, was die meisten Lastwagen tun. Wir wollten aber noch ein wenig auf dem Loop bleiben und suchten in Phonkheng eine Unterkunft für die Nacht. Leider gestaltete sich das als sehr schwierig: Wie uns im zweiten Guesthouse, welches uns abwimmelte, gesagt wurde, waren alle Zimmer in dieser Siedlung von Arbeitern besetzt, die an einem nahe gelegenen Tunnelprojekt beschäftigt sind. Wenn man, wie die meisten auf dem Loop, mit einem motorisierten Gefährt unterwegs ist, ist das nicht so ein Problem: Man fährt einfach in das nächste Dorf. Wenn man aber wie wir mit dem Fahrrad unterwegs ist, ist das ein grosses Problem, denn die nächste Siedlung war einige Kilometer von uns entfernt. So versuchten wir unser Glück trotzdem und gingen von Guesthouse zu Guesthouse, um ein Zimmer zu finden. Überall Fehlanzeige. Wir wollten schon fast aufgeben und einen Platz zum Zelten suchen, als wir doch noch ein Guesthouse mit einem Zimmer fanden. Dieses war zwar ultra schäbig, kostete aber nur 4 Franken pro Nacht und war für uns immer noch besser, als das Zelt. Wenigstens konnten wir duschen 😉

Tag 2 – der härteste tag der reise

Habe ich schon erwähnt, dass Laos sehr bergig ist? Falls nicht, ist Tag 2 der richtige Moment, dies zu erwähnen! Am zweiten Tag wartete ein grosser Anstieg auf uns, um auf das Nakai-Plateau zu gelangen. Wir starteten früh (nicht schwierig, wenn man so schnell wie möglich aus dem ekligen Zimmer raus will) und hielten in einem Café, um uns mit einem ordentlichen Frühstück zu stärken. Leider wartete ich ewig auf meine (am Schluss gar nicht so leckere) Waffel, so dass wir schlussendlich wieder viel zu spät auf der Strasse waren. Die Landschaft war dafür sehr schön und die ersten 10 Kilometer waren auch noch angenehm flach.
Plötzlich begann die Steigung und aufgrund unseres späten Starts waren wir wiedermal in der Mittagshitze auf der anstrengendsten Stelle des Tages. Die Strasse war teilweise so steil, dass wir unsere Räder schieben mussten. Etwa alle 100m hielten wir an, um zu trinken. Irgendeinmal hatten wir es dann total ausgepowert geschafft und zum Glück gab es kurz darauf ein Restaurant, wo wir uns stärken konnten. Am Nachmittag fuhren wir dem Nam Theun-Stausee entlang (der interessanterweise auf der Google-Maps-Karte nicht sichtbar ist). Die Strasse ging Auf und Ab und wir waren sehr müde vom Anstieg, aber es war auch sehr schön und wir hatten tolle Aussicht auf den See. Leider hatten wir ein kleines Problem: Wir wollten Geld abheben, jedoch waren alle Bankomaten leer, die wir fanden. So kamen wir mit nur sehr wenig Bargeld in Thalang, dem Dorf mit unserer Unterkunft, an. Wir hatten riesiges Glück: Nicht nur konnte man in dem Restaurant mit Karte zahlen, sondern wir konnten auch noch 300000 Kip mehr auf unsere Rechnung addieren, und uns diese als Bargeld geben lassen. Super Sache!

Tag 3 – eine interessante begegnung

Am nächsten Morgen assen wir – dank unseren neuen Bargeldreserven – ein gutes Frühstück und machten uns dann auf den Weg. Die Strasse führte durch die überschwemmte Landschaft des Stausees mit den mystisch aussehenden versunkenen Bäumen, die immer noch aus dem Wasser ragen. Sehr schön und eindrücklich, und die Strasse war in top Zustand und kaum befahren. Auch an diesem Tag warteten wieder einige Höhenmeter auf uns, welche wir dann gleich wieder in ein Tal runterfahren konnten. Landschaftlich war auch dieser Tag spektakulär! Wir kamen teilweise kaum vorwärts, weil wir immer wieder anhielten, um die Szenerie zu bestaunen. In einem kleinen Dorf fanden wir dann ein Restaurant und die Besitzerin names Noy konnte ein Bisschen Englisch. Nach unserem Mittagessen – Nudelsuppe – sprachen wir noch ein paar Worte mit ihr. Wir wollten schon losfahren, als sie sagte:
„Ich würde gerne heute Abend mit euch essen!“
Wir erwiderten, dass wir ja nicht mehr in ihrem Dorf sein würden. Sie meinte:
„Schreibt mir wo ihr seid, ich komme euch holen und wir essen gemeinsam!“
Wir tauschten Kontakte aus und fuhren davon. Unser Tagesziel war Lak Sao, etwa 20km von Noys Restaurant entfernt. Lak Sao erinnert etwas an eine Western-Stadt: Eine lange, staubige Strasse mit Häusern links und rechts. Wir checkten in ein Guesthouse ein (5 Franken pro Nacht) und wuschen das erste Mal seit Thailand (igitt!) unsere Kleider. Als wir uns mit dem WiFi verbanden, hatten wir schon eine Nachricht von Noy erhalten:
„Ich habe für euch gekocht – Wo seid ihr? Ich hole euch ab!“
Wir waren nicht so sicher, ob wir das Angebot annehmen sollen: Wir waren müde und wollten eigentlich nicht in der Nacht bei fremden Leuten mitfahren, denn in der Nacht sind die Strassen in Laos stockfinster. Ausserdem weiss man ja nie… Aber dass Noy ein kriminelles Mastermid ist, erschien uns als relativ unwahrscheinlich! Schlussendlich entschieden wir uns, die Einladung anzunehmen, denn wann sonst kommt man so mit der Laotischen Bevölkerung in Kontakt?

40 Minuten später fuhr ein Pick-Up vor und lud uns ein, um uns wieder 20km zurück in Noys Dorf zu fahren. Sie sprudelte nur so vor Freude, wir seien ihre ersten internationalen Freunde. Wir assen im Haus ihres Onkels und die ganze Familie war versammelt. Wir stellten viele Fragen zum Leben in Laos und es war ausserordentlich interessant. Nach dem Essen durfte Vivi noch das traditionelle Kleid anprobieren. Danach wurden wir herzlich verabschiedet und wie versprochen von einer überglücklichen Noy wieder in unser Guesthouse gefahren. Eine wunderschöne Begegnung!

Tag 4 – byebye laos, hallo vietnam

Auch das Guesthouse in Lak Sao war, wie viele Unterkünfte in Laos, nicht überwältigend, aber mit 4 Franken pro Nacht auch sehr günstig. Der Inhaber war wohl ein General im Militär oder so was, denn überall hingen Fotos von ihm mit vielen Medaillen und Sternen auf der Brust. Wir assen pro Person vier Bananen zum Frühstück und ein abgelaufenes Biscuit. In Laos werden viele Produkte auch nach Ablaufdatum noch verkauft. Wahrscheinlich kann man es sich nicht leisten, diese wegzuwerfen. Uns käme es dann auch nicht in den Sinn, zu reklamieren! Wir fuhren nach dem Frühstück los in Richtung der Vietnamesischen Grenze. Etwa 30km waren es bis dorthin auf einer holprigen Strasse, die wir uns mit dem einen oder anderen Lastwagen teilten. Die Strasse schlängelte sich langsam durch ein Tal und die Berge kamen näher und näher. Die Strassen in Laos sind furchtbar staubig. Zwar waren wir kaum auf Schotter- oder Sandpiste unterwegs – das war 2016 noch anders – aber trotzdem ist man ständig in einer Staubwolke unterwegs. Vor allem, wenn ein Lastwagen überholte, musste man die Luft anhalten. Gerade als Kontaktlinsenträger ist eine permanente Staubwolke äusserst unangenehm 😉 Die Strasse war aber weniger stark befahren als erwartet und wir kamen, trotz Müdigkeit, gut voran. Kurz vor dem Ziel kam dann noch ein Anstieg, denn die Grenze liegt auf einem Pass. Wir hatten fest Hunger, aber das erhoffte Restaurant kam erst 20m vor dem Grenzposten. Eine verdiente Mahlzeit! Danach passierten wir die Laotische Grenze und zu unserem Erstaunen mussten wir keinerlei Gebühren bezahlen… Vielleicht hatten sie Mitleid, dass vor uns gerade ein Reisebus mit 50 Personen (und somit Pässen) angekommen war und wir warten mussten, bis alle ihren Stempel hatten.
Danach fuhren wir durch das Niemandsland bis zum Vietnamesischen Grenzposten, wo wir unseren Stempel abholen gingen. Nach einem Scan aller Taschen waren wir in Vietnam. Ein tolles Gefühl und für mich sogar ein bisschen Emotional, da 2012 meine erste Asienreise nach Vietnam führte. Wir konnten unsere restlichen Kip an einem Kiosk zu Dong tauschen und hatten somit sogar etwas Bargeld bis zum nächsten Geldautomat. Der Dong ist noch kleiner als der Kip mit etwa 29’000 Dong zu einem Franken. So waren wir sofort Millionäre.
Was darauf folgte, war eine ca. 15km lange Abfahrt auf einer nagelneuen Strasse: Wahnsinn! Wir hatten die Strasse praktisch für uns alleine und die Aussicht auf die Berge, die in Wolken gehüllt waren, war bombastisch! Zwischendurch mussten wir aber anhalten, um unsere Bremsscheiben abkühlen zu lassen, was aber nicht schlimm war, da wir dann Fotos machen konnten. Diese Abfahrt war die Krönung dieser Etappe und die Belohnung für alle Höhenmeter, die wir in Laos hochgefahren sind!
Nach der Abfahrt ging es nochmals etwa 15km Auf und Ab in ein Dorf names Tây Sơn, wo wir Geld abheben konnten und in ein Hotel eincheckten. Das Hotel war 12 Franken pro Nacht und wir hatten ein super Zimmer! Danach assen wir ein tolles Nachtessen: Reis mit Tofu und Gemüse. Ein genialer Abschluss dieser Etappe!

Nachwort – der vergessene krieg

Schon auf meiner ersten Reise in Laos habe ich viel über die Geschichte dieses Landes gelernt. Laos ist eines der ärmsten (und korruptesten) Länder der Welt und hat eine sehr turbulente Geschichte. Was viele Menschen nicht wissen ist, dass Laos das am meiste bombardierte Land der Welt ist: Die USA bombardierte dieses (neutrale) Land während dem Vietnamkrieg in einer verdeckten Operation namens „Barrel Roll“ (und anderen Operationen, z.B. „Rolling Thunder“). Das Ziel: Die Bekämpfung der Kommunisten im Königreich Laos und die Zerstörung des sogenannten Ho-Chi-Minh-Pfads.
Die Konsequenz: Auf Laos wurden zwischen 1964-1973 alle 8 Minuten eine Flugzeugladung Bomben abgeworfen, 24h Stunden am Tag, während 9 Jahren! Unvorstellbar. Das sind mehr Bomben als im zweiten Weltkrieg auf Deutschland und Japan zusammen abgeworfen wurden. Wäre das schon nicht tragisch genug, dass während dieser Zeit etliche Menschen verwundet, vertrieben oder getötet wurden, hält die Tragik bis heute an: Etwa 30% der abgeworfenen Bomben sind nicht explodiert und liegen immer noch herum. Immernoch werden Menschen, davon 40% Kinder, von diesen UXO’s (unexploded ordnance) verwundet oder getötet.
Die Bombenkampagne wurde im Geheimen durch die CIA geplant und durchgeführt, da die USA offiziell nicht mit Laos im Krieg war. Somit wusste die Öffentlichkeit im Westen auch lange nichts davon.
Obwohl die USA heute Laos mit über 300 Millionen Dollar unterstützt hat, um die Blindgänger zu beseitigen, hat sie über 50 Milliarden Dollar ausgegeben, um Laos zu bombardieren…

Es gibt einige NGOs und Organisationen, die bei der Beseitigung der UXOs helfen (z.B. HALO Trust) oder Überlebende unterstützen (z.B. COPE), die zum Beispiel Prothesen benötigen. Es lohnt sich, sich über dieses Thema zu informieren und wenn man will, kann man auch etwas spenden. Falls jemand in nächster Zeit nach Laos reist: In Vientiane gibt es von COPE ein Visitor Centre, welches mich bei meinem Besuch 2016 sehr berührt hat.

Mir war es wichtig, diesen „vergessenen Krieg“ kurz zu beleuchten, so dass die vielen Menschen in Laos, die darunter gelitten haben oder immer noch leiden, nicht vergessen gehen!

Alte US-Bomben als „Dekoration“ eines Hauseingangs

6 Gedanken zu „Auf und Ab in Laos“

  1. Hey ihr zwei! Weiterhin super spannend eure Reise zu verfolgen! 🙂 Finde die geschichtlichen Zusatzinfos auch extrem interessant. Ganz großen Respekt für euren Mut und eure Anstrengung!

    Gruß
    Alex

  2. Hallo ihr lieben,
    haben uns über euren interessanten Bericht sehr gefreut.
    Man taucht regelrecht mit ein und spürt die Anstrenung aber auch die Freude über die tollen Begegnungen.
    Ganz herzliche Grüße von uns und passt gut auf euch auf.
    Susanne und Erich

  3. Heeeii ihr zwei Lieben

    Ich war gerade auf eurem Blog und habe einfach nur gestaunt! WOW!! So toll, was ihr alles schon erlebt habt auf eurer Reise! Nun, da die Tage bei uns wieder kürzer und kälter sind, macht ihr mich also doch ein bisschen eifersüchtig mit euren Ferienfotos 🙂

    Schicke euch gaaanz liebe Grüsse und eine dicke Umarmung!
    Geniesst eure Zeit!

    Julie

    1. Hallo Julie

      Vielen Dank für deinen Kommentar, hat uns sehr gefreut, von dir zu hören 🙂
      Auch bei uns wird es nun merklich kühler, je nördlicher wir kommen. Sehr angenehm zum Radeln!

      Liebe Grüsse zurück!
      Damian & Vivi

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